Effektive Materialmodifikation: Molekulare Klick-Reaktionen dreidimensional kontrollieren

  • Author:

    Tatjana Erkert

  • Date: 03.07.2012

Effektive Materialmodifikation:
Molekulare Klick-Reaktionen dreidimensional kontrollieren

Die laserinduzierte Modifizierung von 3D-Oberflächen ermöglicht es, das Differenzierungs-verhalten von Stammzellen genauer zu verstehen.
a) Ein 3D-Polymergerüst wird mithilfe von Laserlicht an exakt definierten Orten funktionalisiert. (Schematisch)
b) Rekonstruktion einer 3D-Fluoreszenzmikroskopie-Aufnahme, an der definierte Punkte (in rot) funktionalisiert wurden.
(Abbildungen: Benjamin Richter)

Das CFN gratuliert Thomas Paulöhrl zum Lanxess Talent Award 2012

Der mit 4.000 Euro dotierte Lanxess Talent Award 2012 in der Kategorie „Advances in Polymer Materials” geht in diesem Jahr an den KIT-Polymerchemiker Thomas Paulöhrl. Mit dem neu gestifteten Preis des Spezialchemie-Konzerns Lanxess werden Nachwuchswissenschaftler für herausragende Arbeit in einer frühen Phase ihrer akademischen Laufbahn gewürdigt. Paulöhrl erzeugte für seine Doktorarbeit unterschiedliche Oberflächenstrukturen und dreidimensionale Gerüste mithilfe lichtinduzierter Klick-Strategien. Hiermit kann Material effizient und nanometergenau modifiziert werden.

Das Interesse an Klick-Reaktionen zur effektiven Materialmodifikation ist in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Für gezielt aufgebaute polymere Oberflächenmuster bestehen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, etwa in der Gewebezüchtung, der Zellbiologie und der Medizin.

Das Konzept der
Klick-Chemie geht dabei auf den amerikanischen Chemiker Barry Sharpless zurück, der den Begriff 2001 erstmals definierte. Komplexe molekulare Strukturen werden nicht als Ganzes, sondern zunächst als Teilstrukturen hergestellt, die sich dann anschließend in einer Reaktion ähnlich einem Steckspiel selbstständig „zusammenklicken“. Mittlerweile wurden zwar viele solcher Molekülbausteine beschrieben, bei ihnen funktioniert dieser Vorgang jedoch meist räumlich und zeitlich unkontrolliert. Für die Herstellung von Oberflächenstrukturen und dreidimensionalen Gerüsten reichen sie nicht aus.

In seiner Doktorarbeit im Arbeitskreis von Professor Christopher Barner-Kowollik entw
ickelt Paulöhrl unterschiedliche chemische Strategien für die Erzeugung dreidimensionaler Oberflächen mithilfe hocheffizienter Klick-Reaktionen, um Kontrolle über Raum und Zeit der Klick-Reaktionen zu gewinnen. Der Trick: Ein exakt definiertes mikrometer-skaliges polymeres Grundgerüst, an dem anschließend Biomoleküle, durch einen zweiten Laser aktiviert, räumlich vorherbestimmt anklicken.

Das Grundgerüst ist das Resultat einer forschungsfeldübergreifenden Zusammenarbeit innerhalb des DFG-Centrums für Funktionelle Nanostrukturen (CFN). Paulöhrl erstellte das Gerüst mithilfe der von Professor Martin Wegener entwickelten 3D-Laserlithografie gemeinsam mit dem Doktoranden Benjamin Richter aus der Forschungsgruppe von Professor Martin Bastmeyer, die bereits in der Vergangenheit mit den Möglichkeiten dieser neuartigen Zellgerüste experimentiert hat.


Die Moleküle werden also festgesetzt und ihre räumliche Lage entsprechend beeinflusst. Paulöhrl nutzte photoaktivierbare Biomoleküle, bei denen dieser Vorgang mithilfe von Licht in Gang gesetzt wird, wodurch nanometer-skalige Materialstrukturen aus Biomarkern geschaffen werden können. Interessant sind diese „Biomarker-Gerüste“ unter anderem für die Erforschung der Stammzellendifferenzierung.


Paulöhrl promoviert am Institut für Technische Chemie und Polymerchemie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) bei Professor
Barner-Kowollik. Die Forschungsarbeit wurde vom CFN mitfinanziert. Ein Teil der Ergebnisse sind in der Zeitschrift ‚Angewandte Chemie´ veröffentlicht: DOI: 10.1002/ange.201107095.*

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T. Paulöhrl, G. Delaittre, V. Winkler, A. Welle, M. Bruns, H. G. Börner, A. M. Greiner, M. Bastmeyer und C. Barner-Kowollik; Klick-Chemie mit räumlicher Kontrolle: Biofunktionalisierung von Oberflächen durch photoinduzierte Diels-Alder-Reaktionen bei Umgebungstemperatur, Angew. Chemie 2012, 124, 1096 – 1099.

 Der Lanxess-Award 2012

Die Lanxess Deutschland GmbH ist ein Spezialchemie-Konzern mit Fokussierung auf den Bereich der Polymerchemie. Der mit 4.000 Euro dotierte Lanxess Talent Award 2012 für die Bereiche „Advances in Polymer Materials" und „Innovations in Process Engineering" wurde dieses Jahr erstmals ausgelobt. Die Kandidaten werden von ihren Hochschullehrern vorgeschlagen. Von mehr als 30 Nominierten erhielten zehn junge Chemiker und Ingenieure die Gelegenheit, ihre Forschung im Rahmen der ersten Sommerschule des Forschungsinstituts für Interaktive Materialien an der Rheinisch-Westfälischen Hochschule in Aachen (RWTH) vorzustellen. Eine Expertenjury der RWTH und der Lanxess Deutschland GmbH wählte die beiden Preisträger aus. Der auf Polymere spezialisierte Konzern ist Partner der Sommerschule und fördert mit dem neu gestifteten Preis die interdisziplinäre Forschung im Bereich der Polymerwissenschaften.

„Der Lanxess Talent Award soll ein Signal sein für die wachsende Bedeutung dieses Forschungsfeldes, und er soll Anreiz für junge Wissenschaftler sein, sich hier zu engagieren", so Dr. Werner Breuers, Vorstandsmitglied von Lanxess, bei der Übergabe des Preises. Er verantwortet den Bereich ‚Performance Polymers, Innovation & Technology‘ und ist selbst Absolvent der RWTH Aachen.

Presseinformation DWI / LANXESS